zwei Hinterköpfe- ein nervöses Räuspern, Flüstern zwischen den Reihen, und? hast du denn schon gelacht heute? ja bestimmt, denke ich und hebe meine Hand in Richtung decke. dann lichter gedimmt und Lippen sind gepresst, der hals leicht gereckt, der blick aufgeweckt.
wie ähnlich sie sich doch sehen. Und da sitzen Leute auf den schwarzen Stühlen und schauen den Männern in Jeans und weißem Shirt zu, wie sie aus Mensch Gold machen. Vorne spielt Theater, aber in mir spielt sich auch was. Denn ich frage mich: Bin ich noch? Auch jetzt- bin ich noch Schreiberin, Autorin, Dichterin, wenn du nicht bist, der/die diesen Text liest? Wer bin ich und wen lade ich ein, zu gedeckten Tisch. Wer darf ich sein?
Und es herrscht Stille im Raum, auch in mir. Eine Party allein, ein Glitzerhut aufgesetzt. Aber der Faden, der Ohren verbindet tut dem Kinn weh und reißt Lippen auf, die zuvor noch so sanft sprachen. Aber dennoch: Es ist schön, dass du das liest. Du könntest auch etwas anderes lesen. Etwas Tiefgründigeres vielleicht.
Die Töne sind gehetzt, die Blicke gestresst, ein Kampf. fast so als wäre es einer zwischen Spiegel und Mensch, ein Kampf, der nicht gewonnen werden kann. Was, wenn du der bist, der dir am meisten weh tut? Wenn du nach einem langen Tag, mit Krallen im Nacken merkst, dass es deine Hand ist, die über Stunden verteilt im Gewebe bohrend verweilt?
Wir rennen weg, vor denen die uns Angst Einschrecken, wir rennen weg, vor denen die sich auch bewegen, im Spiegel. Und nach allem, wird die Decke über den Tisch gezogen, da zischt einer im Raum, sagt schhhh, wir müssen weiter, ich weiß du siehst die Berge vergangener Geschichten unterm Tisch, aber- wir müssen weiter. Nicht umsonst. The show must go on.
Dann Buckel auf dem Rücken, Zittern, knattern, brüllen, kein Verzeihen, nackte Haut auf kaltem Boden, Atem unter Strümpfen. Atem. Atem. Atem. Haut unter den Fingernägeln, Spuren von Kampf, rote Wangen und weit aufgerissene Augen. Ein Salat aus Lacher und Schweigen, eine erhöhte Augenbraue, ob das wohl geeignet ist? Ob das wohl noch Kunst ist? Doch sie ist. Lauter als das Schweigen, eindrucksvoller als das Lachen.
Und zwei Mal wurde geblinzelt- es liegt eine neue Decke, als sei die andere nicht eben erst drauf gewesen. Und jetzt: Wie stirbt man eigentlich? Naja, es gibt viele Wege und witzig sind sie auch noch.. zumindest manche. Naja, und manche dann auch gar nicht, manche bewegen mich und geben mir ein mulmiges Gefühl, ich weiß, dass der Strick nur aus Konfetti besteht, aber dennoch. Ich weiß, dass er auch anderswo viel zu oft seinen Einsatz findet.
Und dann lacht fast niemand mehr. Wer sitzt denn am Tisch, wenn die Haare ergrauen? Wer hört dem Ächzen zu? Wer sagt bis Morgen, auch wenn keiner auf dich wartet. Wer lauscht deinen letzten Worten, wer legt seine Hand in deine zittrige und tastet blaue adern, die hervorscheinen unter Falten? Wer streicht dir über den Kopf? wenn nur noch vereinzelt Haare zu sehen sind? Nur noch ein Atemzug. Und wieder die Frage. Wer bin ich? Wer war ich? Und wer werde ich? Du willst grübeln und deinen Kopf dieser Fragen hingeben, aber vergebens. Sie kommen in Anzügen, eine neue Tischdecke, eine zusätzlich über der Leiche, oder dem, was mal Mensch gewesen ist.
Und irgendwann, dann unscheinbar und wunderbar: rieselt es. Weiß, Blau, Rosa, Orange. Es rieselt von Oben nach unten, ganz sachte fällt der Schnee, so schnell floss eben noch das Blut, so schnell heilte es doch noch. Es geht eben weiter. Auch ohne mich und dich. Das Stück hört zwar auf, aber das ist doch nicht gleich das Ende. Zumindest nicht direkt, oder? Sonst würdest doch du nicht gerade noch, danach diese Silben auf Papier oder einem Bildschirm lesen, oder?
Und am Ende ist alles. ganz. still. Niemand, der noch klatscht, ein Ausatmen zwischen den Reihen. Es ist so still ich meine im Konfetti Bewegung wahrzunehmen. Ein Tisch, eine aufgedunsene Decke, alles fällt, was doch eben so fest stand. Und nichts ist mehr wie früher.
Aber das ist okay, denn es ist doch schließlich nur Kunst, oder? Es ist doch nur Schauspiel das alles, ich meine, wer bitte fühlt sich nicht auch manchmal so als sei er gefangen in einem Kampf, als müsse er rennen , bis die Luft ausgeht. Wer fühlt sich denn nicht auch manchmal so verloren, so vereinsamt, dass wer als einziger am gedeckten Tisch Platz nimmt. Niemand, oder? Nur Schauspiel, nur Kunst, oder? Ja. Vielleicht.
Von Lavin E.